Was ist ein Logo (und was nicht)?
Wenn sich Leute nicht darüber einig sind, was genau nun eigentlich ein Logo ist, dann kommt es meiner Erfahrung nach schnell zu Missverständnissen, wenn eines in Auftrag gegeben wird. Das führt zwangsläufig zu Mehraufwand, der sich leicht vermeiden lässt, wenn man vorher drüber redet.
Meine Definition eines Logos ist nun auch nicht das Maß aller Dinge, aber gewiss ein hilfreicher Anfang in der Kommunikation mit mir. Und wenn es Dir hilft, mit anderen Leuten klarere Gespräche zu führen, umso besser!
Definition
Eines gleich vorneweg: nicht alles, was eine Marke grafisch kennzeichnet, ist ein Logo, und erst recht nicht Teil eines Logos. Die Gesamtheit aller Design-Bestandteile einer Marke nennt man Corporate Design, oft mit CD abgekürzt. Dazu gehören die verwendeten Schriftarten sowie Festlegungen, welche für was verwendet wird, der Name der Marke, ein Untertitel oder Motto, und wenn es sich um ein großes Unternehmen handelt, noch eimerweise Dokumentvorlagen und Detailkram.
Ein ganz kleines Beispiel: Nike. Das ist der Name. Untertitel? Ich höre einen Chor, der mir laut entgegenruft „Just do it!“ Und das Logo? Ist der Swoosh, natürlich. (Die verwendete Schriftart für den Namen weiß ich nicht, aber es ist ganz gewiss immer die gleiche.)
Und auch wenn all diese Dinge genau festgelegt und gut überlegt und gestaltet sind, heißen sie nicht alle Logo. Es ist alles Teil der Marke, Teil des sogenannten Brandings, aber das tatsächliche Logo ist nur der Swoosh. Der Rest hat andere Namen.
Logo: Text oder Grafik?
Viele, viele Logos sind rein grafische Elemente (wie im Fall vom Nike-Swoosh), und ich persönlich finde, das sind die stärksten Logos. Aber es gibt schon auch Logos, die eher Text sind. Spontan würde mir da IKEA einfallen, oder das Telekom-Logo, das hauptsächlich aus einem großen T besteht. An der Grenze zwischen Text und Grafik bewegt sich das TUI-Logo, das die Buchstaben t, u und i, so verbiegt und verbindet, dass sie an ein zwinkerndes, lächelndes Gesicht erinnern. (Das hätte vor der Erfindung der Smilies so auch nicht funktioniert.)
Braucht man ein Logo? (Brauchst Du ein Logo?)
Ich sage: nicht unbedingt, ein Markenname bzw. Titel kann reichen. Vor allem bei kleineren Einzelunternehmen ist es genug Corporate Design, wenn man ein paar grafische Schlüsselelemente wie Schriftart(en) und Farbe(n) festlegt, einen klaren Namen verwendet und eventuell noch einen Untertitel/Slogan/ein eingängiges Motto. Andererseits fällt mir gerade auch kein Beispiel ein, wo ein gutes Logo geschadet hätte – es sollte nur eben ein gutes sein.
Wofür braucht man ein Logo?
Ein Logo im Sinne eines kleinen grafischen Elements trägt viel zu einer starken Marke bei. Es dient als verbindendes Design-Element auf allen Materialien: Webseite, Broschüren, Visitenkarten, Briefpapier, Stempel, Produkte, Werbekram wie Kugelschreiber…
Wenn Du nur ein oder zwei von diesen Dingen hast: ganz ehrlich, für Dich lohnt sich die Entwicklung eines Logos eher nicht. Denn wenn Du ein gutes Logo möchtest, gibt es dabei schon einiges zu beachten, und ich würde Dir raten, dafür den richtigen Fachmenschen zu finden. Ich zum Beispiel mache keine Logos, weil ich dafür einfach nicht die nötigen Kompetenzen habe. (Ich habe schonmal in meinem Artikel zum Thema Selbermachen über die Entwicklung meines eigenen Hut-Logos geschrieben.)
Aber ich kann Dir definitiv sagen, was ich persönlich bei einem Logo alles beachtenswert finde!
Das perfekte Logo
Meiner Ansicht nach sehr wichtig: Ein gutes Logo funktioniert auch auf einer Größe von 16x16 Pixeln, also in WINZIG.
Warum finde ich das wichtig? Nun, zum einen mache ich primär Webseiten, und jede Webseite, die ich mache, bekommt ein Favicon. Das sind diese ganz kleinen Icons oben im Reiter, neben dem Titel, oder wenn Du ein Lesezeichen setzt, dann ist es vorne dran in Deiner Lesezeichenliste. Diese Größe sind 16 Pixel.
Und zum anderen hilft diese Anforderung sehr dabei, auf fitzelige Details im Logo zu verzichten. Der allererste Anspruch an ein Logo ist Klarheit. Die allerbesten Logos sind auch halbblind, in schwarzweiß, ohne Kontext oder Namen oder eben in sehr klein zu erkennen.
Perfektion ist es übrigens, wenn es auch noch ein quadratisches Format hat (dazu fällt uns allen sofort das Motto einer bekannten Schokoladenmarke ein). Damit meine ich nicht, dass es quadratisch sein muss, sondern dass es annähernd in ein Quadrat hineinpasst – rund ist natürlich auch sehr beliebt.
Als technische Anforderung würde ich schwer zu einer Vektorgrafik raten: Das sorgt ebenfalls für eine gewisse Klarheit, und Vektorgrafiken sehen in jeder Größe und bei jeder Auflösung gestochen scharf aus, ohne dass Du das Original in Dutzenden von Megabyte eingescannt herumliegen haben musst.
Im Zusammenhang mit Logos wird auch oft vom „Wiedererkennungswert“ gesprochen. Der ist übrigens genau einer der Gründe, warum man eines brauchen könnte: ein gutes Logo macht es leicht, eine Marke eben wiederzuerkennen. Aber bevor es diese magische Wirkung entfalten kann, muss es erstmal einen Erkennungswert haben.
Okay, ganz ehrlich, das geht oft nur bedingt. Man kann absolut diskutieren, wieviel so ein Swoosh nun wirklich mit einem Turnschuh zu tun hat, oder wie sehr ein Halbsmilie jemanden an eine Traumreise denken lässt. Aber: Die Verbindung lässt sich gut und logisch herstellen. Ich behaupte: je besser und intuitiv verständlicher das gelingt, desto besser das Logo. Das IKEA-Logo fällt an dieser Stelle zum Beispiel ziemlich durch – aber IKEA ist bekannt genug, dass es in diesem Fall nichts ausmacht.
Beispiele
Richtig gute Logos haben oft soziale Netzwerke: man erkennt sie in schwarzweiß, in abstrakt, in anderen Stilen… teils aber natürlich auch weil sie sehr bekannt sind. Instagram ist ein exzellentes Beispiel: fast quadratisch, ganz minimal, aber die Herleitung von einem Fotoapparat funktioniert. Auch Programm-Icons sind oft gute Logos (Firefox, Chrome, generell alle Google-Dinge).
Aus meinen Projekten
Im Folgenden ein paar Gedanken zu lauter Logos aus meinen bzw. unseren Projekten, mit denen ich viel zu tun hatte, sei es weil ich über ihren Platz und ihre Auswirkung auf die Gestaltung einer Webseite nachgedacht oder weil ich ihren Entwicklungsprozess miterlebt habe.
Mein Hexenhut
Er ist nicht sehr quadratisch, und er funktioniert als Favicon so mittelprächtig. Aber mir gefällt sehr gut, wie ich das WWW untergebracht habe, und ich finde, die Herleitung zur Web-Fachfrau ist nicht schwer. Und natürlich ist es eine Vektorgrafik. (Das sind alle Beispiele hier, aber mein altes Logo war es zum Beispiel nicht.)
Eher komplex
Das Logo vom Krankenpflegeverein Unterjesingen (aus dem Hause Hemmerich) ist zu komplex, um auf 16px Größe gut zu funktionieren. Ich habe es darum fürs Favicon auf das Herzelement reduziert, was auch sonst ein nettes Hintergrundelement für die Webseite ergab. Durch die charakteristisch unterbrochene Form hat es auch einen starken Wiedererkennungswert.
Beim Logo von timeOUT (von meinem Kollegen Ben Baumann) kann man diskutieren, was davon nun Name ist und was Logo. Als Favicon habe ich das bunte, nicht perfekt rund geformte o verwendet. Schwarzweiß allerdings weit weniger leicht wiederzuerkennen als mit dem Farbverlauf.
Notiz: Solche Abweichungen vom „Optimum“ sind in den allermeisten Fällen total okay! Sind ja keine millionenschweren, weltweit bekannten Marken, und wir wollen das auch alle nicht werden. (Und sogar die machen es bisweilen anders, wie wir vorhin bei IKEA gesehen haben.) Logo + Name + Motto ist ein Muster, das sehr gut funktioniert, aber es ist nicht das einzig Wahre.
Mit Text
Ganz interessant finde ich das Logo von Gerlinde Drissner: ihre Initialen (GD) in einer markanten Schriftart, die eine gute Silhouette ergeben. Allerdings lässt sich diesem Logo absolut nicht entnehmen, dass es um Maßschneiderei geht.
Kleine Randnotiz: Ich verwende hier das Foto statt nur der Logo-Datei, weil die verwendete Schriftart keine kostenfreie ist und es sich für die Webseite nicht gelohnt hätte, zusätzliche Lizenzrechte zu erwerben; d. h. da habe ich eine ähnliche, freie Schriftart verwendet. Beim Logo sieht man es aber schon. Achte also auf diese möglichen versteckten Kosten, wenn Du bestimmte Schriftarten verwenden willst.
Der Schriftzug von tima ist aus meiner Sicht auch hart an der Grenze zu einem schnörkelig geschriebenen Titel statt einem Logo – da es nur vier Buchstaben sind, geht es noch durch, würde ich sagen. Favicon ist hier auch nur der erste Buchstabe, der an das Venuszeichen erinnert.
Noch ein meines Erachtens sehr grenzwertiges Beispiel: das „Logo“ von Lebenspielraum. Das ist wirklich eher nur der Name mit ein paar Schnörkeln (für das Favicon habe ich nur die Schnörkel genommen), und ohne das starke Orange empfinde ich persönlich sie einfach als „irgendwelche Schnörkel“. Nochmal ganz deutlich: daran ist nichts verkehrt! Damit kann man arbeiten! Ich will nur sagen: aus meiner Sicht ist das eigentlich kein Logo, sondern eine grafische Ausgestaltung des Namens. Aber da könnte man absolut auch diskutieren.
Kein Logo
Und schließlich habe ich eine ganze Reihe von Fällen, wo nur mit dem Namen und eventuell noch einem Untertitel gearbeitet wird:
- Hendrik Lambertus, Buchautor & Weltenbastler
- Büroassistenz Regina Justus
- Rotraud Hofmann, Bildhauerin
- Informations-, Beratungs- & Beschwerdestelle Tübingen
- Keramikwerkstatt Ulrich Scheel
- Ulrike Lips, Kunsttherapie & Atelier
Fast alle dieser Seiten sind Onepager, aber die Seite von Ulrich Scheel zum Beispiel ist eine der umfangreichsten, die ich je gemacht habe. Dass es da kein Logo gibt, fällt gar nicht auf – es geht definitiv auch ohne.
Weil ich das gar nicht genug betonen kann: Logos sind sehr nützlich für die Markenbildung, aber sie sind kein Pflichtprogramm! Überleg was Du brauchst, für das was Du vorhast. Ein Name kann völlig ausreichen. Ein grafisch geschriebener Name als „Textlogo“ kommt auch häufig vor und kann absolut auch funktionieren. Wir müssen nicht alle in ein Schema F passen!
Fazit zum Schluss
Wie sehr Dir ein Logo in Deiner Marketing-Strategie nützt oder nicht, musst Du selbst entscheiden. Aber wenn Du Dich dafür entscheidest, dann lohnt es sich, darin zu investieren (Geld, Recherche, Introspektion…). Hier habe ich Dir eine Reihe von Qualitätskriterien und Beispielen gezeigt, die Dir hoffentlich helfen, ein gutes Logo für Dich und Dein Unternehmen zu finden.
Und ich habe es mir verkniffen, echte Negativbeispiele zu zitieren… ABER: ganz ehrlich, ich habe schon mehr als ein „Logo“ gesehen, bei dessen Anblick nicht nur ich dachte, das hat doch ein armer Praktikumsmensch in einer freien Stunde zusammengeschraubt. Kein Erkennungswert, kein Pep, irgendwelche losen Formen, hat nicht Hand noch Fuß… und von dieser Sorte „Logo“ möchte ich Dir abraten. Das sieht genauso billig aus, wie es war.