Mach es Dir passend!
Das Chaos in meinem Kinderzimmer
Ich war ein ganz schön chaoisches Kind, und meine Mutter hat früher oft zu mir gesagt: „Mach es dir passend!“ Meistens hat sie mir dabei eine kleine Kiste hingestellt und irgendwelche Kleinkrämer von mir reingeräumt. Mehr Kisten, weniger Chaos. Hat aber für mich überhaupt nicht funktioniert und am Zustand meines Zimmers als absoluter Dauerbaustelle auch nichts geändert.
Warum denn nicht? Die Idee war ja eigentlich schon nicht verkehrt. Wenn man genug Krimskrams in genug Kisten räumt, wird so ein Zimmer ganz gewiss übersichtlicher und leichter sauberzuhalten. Was war da mein Problem?
Du brauchst Dein eigenes System
Zum einen glaube ich, auch für Menschen, die nicht ganz so eigenwillig sind wie ich, ist es schwierig, die Systeme anderer Leute einfach zu übernehmen. Schließlich ist mein Krempel nicht genau der gleiche wie der von meiner Mutter, und auch alle anderen Dinge in meinem Leben, die ein System brauchen, sind ganz sicher in der Summe etwa so einzigartig wie mein Fingerabdruck.
Und zum anderen können Systeme nicht statisch sein – sie müssen regelmäßig angepasst und verändert werden, weil sich das, was sie strukturieren sollen, ja auch weiterentwickelt und verändert. Denn ich als Mensch entwickle mich ja weiter, ich bin nicht statisch, und alle Systeme, die für mich funktionieren sollen, müssen dem Rechnung tragen.
Deswegen waren Mams Kistchen kein bisschen hilfreich für mich, und der Spruch leider auch nicht. Obwohl „mach es dir passend“ genau das ist, was nötig ist. Nur was sie (und sonst auch niemand) mir leider nicht gesagt hat: WIE geht das denn??
Systeme für alles!
Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass Systeme bei weitem nicht nur beim Aufräumen nützlich sind. Systeme und Strukturen nehmen Dir grundsätzlich Entscheidungen ab und ersetzen sie durch Routinen. Entscheidungen kosten viel mentale Energie, während das reine Erledigen von Abläufen mit viel weniger Aufwand verbunden ist.
Aufräumen ist hier ein gutes Beispiel: Wenn festgelegt ist, wo was hinkommt (das ist das Ordnungssystem), dann kann ich während dem Telefonieren einfach herumliegende Dinge aufsammeln und an den richtigen Platz bringen – sobald ich aber nicht weiß, wo etwas hingehört, muss ich nachdenken und Entscheidungen treffen, und das geht eben nicht so nebenher.
Das gilt aber genauso für alles andere: Buchhaltung, Marketing, Produktion (egal von was), und überhaupt alles, wo Du das Gefühl hast, dass es nicht so richtig läuft. Alles was keinen Spaß macht, was immer ewig dauert, oder was einfach selten oder nie passiert, obwohl Du es machen möchtest, braucht ein besseres System. Und zwar ein besseres System für DICH!
Ich kann jetzt Podcasts hören!
Noch ein Beispiel von mir selbst: Letzte Woche kam mir wieder einmal der Gedanke, dass ich eigentlich gern öfter Podcasts hören würde. Mir begegnen schon seit Jahren immer wieder Leute, die wirklich interessanten Hörtext in die Welt streuen, aber ich habe in all der Zeit kaum je etwas davon angehört. Warum nicht?
Mir fielen zwei wichtige Gründe ein: Erstens kann ich nicht nur Podcasts anhören, da werde ich verrückt. Ich muss nebenher was machen können, was meine Hände beschäftigt, aber meinen Kopf weitgehend frei lässt. Kochen zum Beispiel, oder eben aufräumen, oder häkeln (wenn ich nicht ständig zählen muss). Und zweitens fehlte mir schlicht der schnelle, unkomplizierte Zugriff auf die interessanten Texte!
Als mir das klar wurde, brauchte ich nur noch eine Podcast-App auf meinem Klugfon installieren und alle Podcasts aus meiner jahrelang herumgeschleppten geistigen Liste einfach mal abonnieren. Jetzt rate mal, wer in der letzten Woche gekocht und gehäkelt UND schon sechsmal Podcasts gehört hat!
Ein System aufbauen
Ich habe mich die letzten beiden Jahre intensiv damit beschäftigt, für meine Arbeit Systeme aufzubauen, die mir ganz persönlich das Leben erleichtern und dafür sorgen, dass mir das Arbeiten rundum Freude macht – ja, auch die Buchhaltung und das ganze „lästige Drumrum“. Und ich möchte, dass Du das auch für Dich findest, denn das Leben ist zu kurz um sich mit Ineffizienz zu quälen!
Darum hier mein Weg zu einem für mich funktionierenden System in vier Schritten:
Schritt 1: Stolpersteinsuche
Frag Dich mal:
- Was läuft nicht rund?
- Wozu kommst Du irgendwie nie, obwohl Du es gerne möchtest?
- Welches Stichwort entlockt Dir sofort ein Stöhnen und Ächzen?
- Welcher Teil Deiner Arbeit dauert absolut ewig und frisst gefühlt zuviel Zeit?
- Welche Tätigkeit, um die Du nicht rumkommst, macht Dir überhaupt keinen Spaß?
Wenn Du so einen Stolperstein gefunden hast, sag doch mal: Wie hättest Du es denn gern? Leg das fest, ohne dass Du schon weißt, wie das geht – beschließe einfach, wie es laufen soll. In meinem Podcast-Beispiel hätte das vielleicht so ausgesehen: „Ich möchte jede Woche zwischenrein mal ein paar Podcastfolgen hören können.“ Ein anderes mögliches Beispiel wäre auch: „Ich möchte am Ende des Jahres stressfrei und in einem Rutsch meine Steuererklärung machen.“
Schritt 2: Knackpunkte rausfinden
Wenn Du Dein Ziel klar vor Augen hast, hol Dir nochmal den Ist-Zustand her und überleg Dir:
- Woran hängt es denn genau?
- Was fällt Dir schwer, und wie kannst Du es Dir leichter machen?
- Brauchst Du Ermutigung, aktive Unterstützung, ein Programm das Dir einen Teil der Arbeit abnimmt – oder vielleicht offene Kistchen an den Krimskramsstellen, wo Du einfach Zeug reinwerfen kannst?
Heißer Tipp: Wenn Du alleine nicht weiterkommst, red mal mit einer Person Deines Vertrauens drüber und bitte sie, Dich genau das zu fragen – und dann einfach nur nachzufragen, bis DU eine Erkenntnis hast.
Schritt 3: Installieren, ausprobieren
Wenn Du eine Idee hast, von der Du denkst, dass Dir ihre Umsetzung weiterhelfen könnte, dann überleg Dir die einfachste Version der Umsetzung und probier diese aus.
- Wenn Dir eine App weiterhelfen könnte: Installier Dir die erste passende, die Dich anspricht, und spiel damit rum, bis Du beschließt sie zu behalten oder eine andere auszuprobieren (max. eine Viertelstunde).
- Wenn Du Unterstützung von anderen brauchst (das hilft oft!): überleg Dir, welche Personen Du kennst, die die Aufgabe übernehmen könnten, und frag sie konkret an für das was Du brauchst (zum Beispiel: „könntest du mich jeden Sonntag anrufen und fragen, ob ich diese Woche schon xyz gemacht habe“). Wenn Du zuwenig Leute kennst, schau nach professionellen oder ehrenamtlichen Hilfsangeboten oder bau Dir ein Netzwerk auf. (Bau Dir auf jeden Fall ein Netzwerk auf.)
- Wenn Du Kistchen in passenden Größen ausprobieren willst: Schau erstmal, was Du im Haus, im Keller undsoweiter rumstehen hast. Mit Schuhkartons kann man schon ziemlich viel ausprobieren. Falls Du wirklich nichts da hast und Kisten kaufen willst, übertreib es nicht :-) denk daran: Du willst nicht Dein ganzes Leben perfekt sortieren, sondern genau dieses eine Problem jetzt testhalber mal angehen. Schuhkartons verschiedener Größe wären fast besser zum Ausprobieren, und hübsche Kisten kannst Du immer noch kaufen, wenn Du weißt was funktioniert. Oder frag Deine Mutter, ob sie was Passendes hat. Oder meine! ;-)
Schritt 4: Dranbleiben und verfeinern
Das ist vielleicht der wichtigste Schritt! Wenn Du was hast, was Du ausprobieren kannst, frag Dich: Wie fühlt es sich an? Spürst Du Erleichterung? Benutzt Du das neue System(stückchen) tatsächlich? Läuft die unrunde Sache jetzt rund, oder wenigstens runder?
Lass Dir Zeit für dieses Ausprobieren, aber bleib dran. Wenn Du merkst, das ist es noch nicht so ganz, dann überleg nochmal neu, woran es liegt, und probier was Anderes. Und wenn Du was gefunden hast, das Dein Leben tatsächlich ein bisschen leichter macht: Genieß das erstmal! Freu Dich dran und benutz das System immer wieder. Erfolge sind nichts Besonderes, wenn sie nicht gefeiert werden!
Freu Dich eine ganze Weile – und dann nimm Dir das nächste Stolpersteinchen vor. Je öfter Du übst, desto schneller findest Du die Knoten in Deinem Alltag, und desto schneller lernst Du, sie zu lösen.
Noch ein letztes Beispiel von mir: Meine Steuererklärung stresst mich überhaupt nicht mehr, seit ich eine leicht zugängliche Kiste mit Hängeregistern habe, von denen eines mit „Steuer“ beschriftet ist. Da schiebe ich das ganze Jahr über einfach alles rein, was steuerlich irgendwie relevant ist, und wenn es Zeit für die Steuererklärung ist, nehme ich den ganzen Packen am Stück raus und muss NICHTS suchen. Das war die Lösung für meinen größten Stolperstein.
Erzähl mir von Deinen Erfolgserlebnissen in den Kommentaren! :-)